Mittwoch, 27. August 2014

Weiß ist das neue Schwarz

 
Das Schauspiel Leipzig lässt „Othello“ zwischen damals und heute balancieren.

Schwarz. Schwarze Wände, Schwarzer Boden, Schwarzer Himmel, schwarzer Othello.
Nachts. Das Wasser im Springbrunnen steht still. Othellos Knöcheln versinken im Wasser. Er ruht fest in der Mitte des Brunnens bis der Morgen anbricht und das Wasser beginnen wird zu sprudeln.


Es ist der Abend des 12. März 2014 im Schauspiel Leipzig. Die Inszenierung des Othellos nach Christopher Mehler balanciert zwischen altertümlichen Textgrundlange und moderner Umsetzung.
Dunkelheit umhüllt Othello, nur sein Körper und seine Gesten sind schemenhaft erkennbar. Er steht im Schatten seiner heimlich vermählten Desdemonas.
Weiß. Weiße Rückwand, weiße Hemden, weiße Bierdosen, weiße Desdemona. Vergöttert und verdammt zugleich. Othello, der General, scheint unnahbar, ein Außenseiter mit Ansehen. Niemand, ausgenommen seiner Frau, betritt das ihm umgebene Wasser, welches eine klare Distanz zwischen dem General und den anderen Akteuren schafft.  Bis Othello von Jagos Spiel, der Eifersucht, aufgefressen wird und ins Licht tritt. Ein weißer Othello überzeugt in der Darstellungsweise des eigentlichen Mohrs (mittelalterliche Bezeichnung für dunkle Hautfarbe). Einmal probiert, wie Adam von der verbotenen Frucht, schämt sich Othello seiner animalischen Männlichkeit und verdeckt sein Glied, doch nichts und niemand kann ihm noch in seinem Eifersuchtswahn stoppen.
Es wäre nicht Theater, wenn lediglich entblößte Gliedmaßen auf der Bühne gezeigt werden, das Blut fehlt. Das kommt noch zugleich mit einer geballten Ladung Konfetti. In dieser Szene beweisen der seines Amtes enthobene Leutnant Cassio (Felix Axel Preißler), der Edelmann Roderigo (Hartmut Neuber) und der rachlustige Fähnrich Jago (Mathis Reinhardt) dass die über 400 Jahre alte Tragödie zum Lachen anstiften kann. Genauso überzeugt die wollüstige Freundin Desdemona mit ihrer taffen Art und spielt damit regelrecht den einen oder anderen Kollegen an die Wand.

Klare und einfache Formen finden sich in der Gestaltung der Bühne, Kostüme und Sprache wieder – ein Gegensatz zum Seelenabgründen und Eifersuchtswahn.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen