Zwei Stunden lang
Gänsehaut und Bauchkribbeln. Die Synthese aus dem Buch „Der Reigen“ von Arthur
Schnitzler und dem Film „ Vivre sa vie“ von Jean-Luc Godard überzeugt im
Schauspiel Leipzig mit purer Ästhetik.
Auf zur Hinterbühne. Durch die Tür hinein in den sonst
verborgenen Teil des Theaters. Alle Besucher schlängeln sich durch die schmalen
Gänge, vorbei an kahlen Wänden und Stahlkonstruktionen. Hier hört der Glanz des
Theaters auf. Hier beginnt das Schauspiel.
Sechs Schauspieler räkeln sich vor einer riesigen Stahlwand.
Alles wirkt dunkel und verloren vor diesem gigantischen Hintergrund. Schnell
wird klar: Hier geht es um das pure Verlangen, um die Abhängigkeit seines
eigenen Körpers und den Mensch der Begierde.
„Wer weiß, ob wir morgen noch das Leben haben.“ Bauchkribbeln.
Das Publikum wird mit auf eine rotierende Reise auf der beweglichen
Zuschauertribüne genommen. Eine Drehung und die eine Szene verschmilzt mit der
nächsten.
Der Blick kann nicht ruhen, die Hintergründe ziehen vorbei,
die Schauspieler ziehen vorbei. Man hört Stimmen im Nacken. Bekommt doch alles
mit, denn überall sind Bildschirme angebracht, auf denen die Szenen weiter
leben.
Das ändert die Sicht auf das Spiel, denn ein zweites Auge,
die Kamera, entscheidet nun was der Zuschauer wahrnehmen soll. Der lässig
gekleidete Kameramann zerstört die Illusion und zeigt, auf wie vielen
verschiedenen Ebenen das Theaterstück läuft.
Alles scheint nicht das Wahre zu sein. Die Charaktere
versuchen sich durch Masken, gefälschten Stimmern oder Geschlechtertausch zu
verstecken. Getrieben von dem zügellosen Verlangen versuchen sie mit allen
Mitteln und Falschheiten an das Ziel der Verführung zu kommen.
Der Akt der Liebe wird zum Akt der Phantasie. Nie bekommt
der Zuschauer die körperliche Vereinigung mit. Raffinierte Distanz, Bilder und
Töne lassen den Zuschauer doch sofort wissen, worum es geht und begeistern uns
wieder einmal mit der unheimlichen Kraft der Bilder und der eigenen Phantasie.
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