Mittwoch, 27. August 2014

Kinder der Deutschen Freiheit


"Sandra E.." / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc-nd)
Vor 24 Jahren, 245 Tagen, 23 Stunden und 34 Minuten fiel die Berliner Mauer.
Vor 19 Jahren, 356 Tagen, 7 Stunden und 13 Minuten bin ich geboren.
Dazwischen liegen 5 Jahre, 111 Tage, 16 Stunden und 21 Minuten.
Nur 3,8 Kilometer trennen meinen Geburtsort vom Grenzübergang der Bornholmer Straße, an dem die ersten Ostberliner am 9. November 1989 die Grenze überschreiten konnten.
Geboren in der einstigen Zone. Aufgewachsen bei zwei Ostberlinern, die beide ihre eigene DDR-Geschichte mit sich tragen. Ein Kind der Deutschen Freiheit.


Doch was bleibt von der Vergangenheit der Eltern, ganzen Generationen, der Stadt, dem ganzen Land, das einst starb und wiedergeboren ist?
Ein graues Gestern liegt hinter uns, heller als Schwarz, doch dunkler als Weiß.
Das Grau des Ostens. Bilder von heruntergekommenen Häusern, Fabriken und Straßen setzen sich zu einem Abbild von vergangener Wirklichkeit zusammen. „Es waren wohl die schönsten Graus der Welt“, erinnert sich die Ostfotografin, Helga Paris, wenn sie an das damalige Halle denkt. Dass sie viele dieser Fotos wahrscheinlich nicht öffentlich zeigen konnte, dessen war sie sich bewusst, denn die Angst war damals die größte Zensur.
„Mode sollte so fotografiert sein, als könnte es auf der ganzen Welt sein, nur nicht im Osten“ berichtet Sibylle Bergemann, Modefotografin in der DDR.
Die Realität musste verschönt werden, um das hübsche Bild des Ostens aufrecht zu erhalten und jegliche Kritik im Keim zu ersticken. Unvorstellbar in unserer heutigen Gesellschaft, in der wir uns nicht mal mehr von Nacktheit schockieren lassen.
Laut Michael Ehrenreich aus der Sonnenallee, hatte das Ministerium für Staatsangelegenheit den wohl schönsten Beruf des Ostens. „Es gibt nichts Offizielles, doch man munkelt von einer Dienststelle, die sich den ganzen Tag die heißen Scheiben reinziehen, um sie dann zu verbieten, denn sie verbieten hier gern und viel“  mit diesem Kommentar von Michael wird der Spielfilm „Sonnenallee“ eingeleitet. Währenddessen sitzt er in seinem Kinderzimmer mit typisch bunt tapezierten Wänden auf denen Poster von Poplegenden thronen und überspielt ein verbotenes Lied.
Wir fühlen uns in den Osten zurückversetzt, wenn wir bei YouTube aufgrund der GEMA, plötzlich unser Lieblingsvideo nicht mehr anschauen dürfen. In der Schule spaßten wir herum, dass Greta auf der Mauer geboren sei, da ihr Vater aus Leipzig und ihre Mutter aus Mainz kamen. Wir lauschten gebannt unserer Geschichtslehrerin, als die das Lehrbuch aus der Hand gab und von schnüffelnden Hunden unter den Zügen erzählte, die nach Ostflüchtlingen suchten und sie sich fragte: „Und da fährst du wieder hin und da bist du zuhause?“
"Maxi milian" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc-nd)

Obama spricht auf der östlichen Seite des Brandenburger Tors von zerrissenen Ketten und der Stadt der Hoffnung.
Es bleiben Bilder und Geschichten von unseren Eltern, ganzen Generationen, Städten und ein Land, das starb und vereint wiedergeboren ist.
Ich gehöre nicht zur Nachkriegsgeneration, sondern zur Nachmauerfallgeneration.
Vor 24 Jahren, 245 Tagen, 23 Stunden und 34 Minuten fiel die Berliner Mauer.
Vor 19 Jahren, 356 Tagen, 7 Stunden und 13 Minuten bin ich geboren.

Dazwischen liegen 5 Jahre, 111 Tage, 16 Stunden und 24 Minuten.

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