Das Alleinsein
Das Alleinsein gilt in der heutigen
Zeit, als eher ungewöhnlich. Denn egal wo wir uns befinden, wirklich allein
sind wir selten. Überall sind wir vernetzt zur Außenwelt, es
herrscht ein regelrechter Vernetzungswahn, am besten global und mit
jedem.
Wir sollen immer auf
dem Laufenden bleiben und tragen ebenfalls dazu bei, dass auch Andere
stets über uns informiert sind. Ob wir alleine zu Hause sind oder
von einem Termin zum Nächsten rennen, morgens in der Bahn oder
allein in der Natur können wir in Zeiten des Internets und der
steigenden Mobilität immer Teilhabe anderer ermöglichen.
Aber gibt es nicht auch gute Gründe
für das Alleinsein?
Alleinsein bedeutet nicht gleich
Einsamkeit, Alleinsein ist ein äußerer Zustand, wobei Einsamkeit
ein Gefühl beschreibt, welches sogar in Gesellschaft empfunden
werden kann.
Tatsächlich fällt es jedoch vielen
schwer allein zu sein und sträuben sich.
Eventuell aus dem Grund, dass sie zwar
keine Angst vor dem Alleinsein haben, jedoch die Anwesenheit in einer
Gesellschaft vorziehen.
Schließlich sind wir nach Aristoteles das gesellige Wesen – Vieles
macht mit anderen mehr Spaß. Haben wir die Wahl, machen wir meist
lieber was mit anderen zusammen,
denn sich mit anderen auszutauschen macht unser Leben bunter und
bereichert uns.
„Nichts auf der Welt ist dem Menschen
mehr zuwider,
als den Weg zu gehen, der ihn zu sich selber führt.“
- Hermann Hesse, Demian
Nietzsche beschreibt das Alleinsein als
Quelle freier, ungetrübter Gedanken. Die Wissenschaft scheint zu
bestätigen, dass das Alleinsein die Kreativität fördert.
Viele kreative Köpfe, wie Autoren,
Dichter, Künstler, Komponisten und Designer schätzen die Kraft des
Alleinseins und benötigen den Schmerz der Einsamkeit.
Das Alleinsein hat den Vorteil, dass
man frei über seine Zeit verfügt und sich nach niemanden richten
muss, dadurch haben wir mehr Freiraum und sind unabhängiger.
Wir werden durch das Alleinsein auf uns
selbst zurückgeworfen und setzten uns mit uns selbst auseinander –
nehmen uns anders wahr und können uns gezielt auf die Dinge
fokussieren, die uns beschäftigen.
„Es gibt keine Wirklichkeit als die,
die wir in uns haben.“
- Hermann Hesse, Demian
Der Prozess des Alleinseins
Schnell langweilen wir uns, wenn am
Abend Nichts ansteht oder unser Smartphone Akku unterwegs leer ist
und vor Angst nicht allein da zu stehen,
hangeln sich viele von einer Beziehung in die nächste.
Die Vernetzung in die ganze Welt bietet
uns allerlei Möglichkeiten, doch im gleichen Zuge schränkt es uns
ein und nimmt uns Freiraum.
Man kann die Kunst des produktiven
ALLEINSEINS jedoch erlernen.
Nietzsche zufolge gilt dies einer
ersten Auseinandersetzung mit uns selbst, bei der wir meist erst der
Langweile verfallen. Wir müssen diese Wirkung abwarten, das
Nichts-mit-sich-anfangen-Können überwinden und die ’Windstille’
der Seele ertragen. Auch wenn es anfangs schwer fällt, können wir
lernen den Zugang zu unserer selbst zu erbahnen, wir lernen das
Alleinsein zu schätzen und es als Quelle erfüllender
Selbsterfahrung zu nutzen.
„Nur im Alleinsein können wir uns
selber finden. Alleinsein ist nicht Einsamkeit, sie ist das größte
Abenteuer.“
-Hermann Hesse
ATTENTION!
Beschränken wir uns zu sehr auf das
Alleinsein, ist die Folge, dass niemand da ist, der einem was Gutes
tun kann. Durch das zu lange Einigeln entsteht eine zwanghafte
Einsamkeit, wir drohen uns von der Welt abzuschottet und uns von
unseren Mitmenschen zu entfernt.
Sich von allen anderen zurückzuziehen,
weil man schmerzhafte Erfahrungen mit sozialen Beziehungen
gemacht hat, kann zu einem Teufelskreis der Isolation führen. Wer
sich in seinem Alleinsein einnistet, weiß mit anderen irgendwann
nicht mehr umzugehen.
Alleinsein ist nur schön als
Abwechslung von der Gesellschaft, um sich als eigenständige Person
wahrzunehmen.
„Einsamkeit ist Unabhängigkeit, ich
hatte sie mir gewünscht und mir erworben in langen Jahren. Sie war
kalt, o ja sie war aber auch still, wunderbar still und groß wie der
kalte stille Raum, in dem die Sterne sich drehen.“
-Hermann Hesse, Der Steppenwolf
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